Behauptung:
Biberprobleme müssen durch Einfürung einer Jagdzeit gelöst werden

Tatsache:
Bejagung löst keine Probleme, schafft nur neue

Die Forderung, Biber wieder zu einer jagdbaren Art zu machen (wie er es bis 1976 war), um Konflikte zu lösen, wird vor allem von Seiten des Bauernverbandes immer wieder laut. Dabei spielt wohl auch der Hintergedanke eine Rolle, den Biber nicht nur jagdbar zu machen, sondern auch gleich in die Liste der wildschadensersatzpflichtigen Arten mit aufzunehmen, wenn nicht nach dem Jagdrecht, so doch dann in den Jagdpachtverträgen.

Dass Biber durch Bejagung „reguliert“ werden können bis zur Ausrottung - das hat die Geschichte gezeigt. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass die damals verwendeten Jagdmethoden – z.B. Reusen, Netze, Fischspeere, Prügel, unselektive Totschlagfallen – heute zu Recht aus jagd-, tierschutz- naturschutz- und aus ethischen Gründen verboten sind.

Dabei ergeben sich bei einer Bejagung des Bibers durch Abschuss eine ganze Reihe von praktischen Problemen:

Biber sind dämmerungs- und nachtaktiv

Damit beschränkt sich die mögliche Zeit, in der Biber gejagt werden können. Dass die Jagd bei Dämmerung und Nacht nicht sehr effektiv ist, weiß jeder Praktiker, der sich nächtelang auf Fuchs oder Wildschwein angesetzt hat. Die äußerst begrenzte Effektivität dieser Jagdmethode ist inzwischen bekannt. Auf Wildschweine werden daher revierübergreifende Drückjagden veranstaltet, die beim Biber als wassergebundenen, territorialen Tier jedoch nicht möglich sind.

Biber leben am und im Wasser

Aus Sicherheitsgründen verbieten sich Kugelschüsse auf Biber, die im oder unmittelbar am Wasser sind, da Fehlschüsse vom Wasser abprallen und das Hinterland gefährden. Damit schränkt sich der Bereich, wo ein Biber geschossen werden könnte, in unserer dicht besiedelten und intensiv genutzten Landschaft stark ein. Ein Schrotschuss auf Biber im Wasser ist nicht möglich, da das Schrot im Wasser stark abgebremst wird und damit nicht ausreichend Treffer den Schocktod herbeiführen.

Abschuß differenziert nicht nach Alter und Geschlecht

Eine Geschlechtsunterscheidung beim Biber in freier Wildbahn ist nicht seriös möglich. Auch eine sichere Altersansprache ist bei über 1jährigen Bibern, die sich ja noch im Familienverband befinden, unrealistisch. Damit ist eine gezielte Bejagung nach Alter und Geschlecht unmöglich.

Biber können nicht nachgesucht werden

Ein angeschossener Biber, der ins Wasser flüchtet, kann praktisch nicht nachgesucht werden und muss qualvoll verenden. Von daher wäre bei der Schussabgabe noch mehr Sorgfalt (und damit Einschränkung) notwendig als sowieso üblich sein sollte.

Biber haben ein Reviersystem

Anders als z.B. Wildschweine haben Biber ein striktes Reviersystem, bei dem sich die einzelnen Familien voneinander abgrenzen. Probleme müssen in dem Revier gelöst werden, wo sie entstehen. Irgendwo Biber zu schießen, um den Bestand zu reduzieren, hilft nichts, wenn der Biber in der Kläranlage nach wie vor aktiv bleibt. Ein großer Teil der Biberkonflikte entsteht unmittelbar an oder in besiedelten Bereichen, wo sich der Einsatz einer Schusswaffe von vornherein verbietet.

Biber sind extrem lernfähige und soziale Tiere

Von Wildschweinen, bei denen man - wie beim Biber - von ausgeprägter Lernfähigkeit und hoch entwickeltem Sozialverhalten ausgehen darf, ist seit langem bekannt, dass Bejagung Probleme sogar noch verstärken kann.

Bei Konflikten mit Bibern muss das ganze Revier aufgelöst werden. Den ersten oder zweiten Biber schießen mag zwar möglich sein, aber die restlichen werden dann extrem vorsichtig – eine Beobachtung z.B. aus Skandinavien, wo einzelne Biber im Rahmen einer Nutzung erlegt werden. Problemlösung ist das aber keine, weil die restlichen, erst mal nicht erlegten und nun scheuen Tiere immer noch da sind, dann praktisch nicht mehr zu bejagen sind und weiterhin Konflikte verursachen.

Jäger wollen den Biber nicht jagen

Jäger wollen den Biber nicht bejagen, so zumindest die allgemein verbreitete, offizielle Version. Neben der Befürchtung, dann auch für Biberschäden aufkommen zu müssen (wenn nicht per Jagdrecht, dann per Jagdpachtvertrag), haben die meisten Jäger genügend zu tun, ihren Rehabschuss und die Regulierung der Wildschweine zu erfüllen.

Neben den oben genannten, rein praktischen Fragen ist aber die entscheidende Grundsatzfrage:

Können Probleme mit einer Tierart überhaupt durch Jagd gelöst werden?

Sehen wir uns dazu zwei Tierarten an, die gejagt werden dürfen und die in der breiten Öffentlichkeit oft auch als „Problemtiere“ gesehen werden.

Wildschweine
Seit vielen Jahren gibt es zunehmend Probleme und Schäden mit Wildschweinen. Von Jägern und Jagdverband wird ebenso seit vielen Jahren eine verstärkte Bejagung und Regulation der Sauen gefordert und auch betrieben. Die Jagdstrecken beweisen es. Das Ergebnis: Wildschweinpopulation und Schäden haben sich dennoch vervielfacht, trotz oder sogar wegen intensiver Jagd. Auch der Jagdverband räumt ein, dass die Zunahme von Population und Schäden z.T. von Jägern durch übertriebene Fütterung und falschen Abschuss mit verursacht ist. Während die vermehrten Schäden in der Landwirtschaft in der Regel vom Jäger bezahlt werden müssen, dürfen die Schäden, die die jagdlich vermehrten Wildschweine im Straßenverkehr verursachen, von der Gesellschaft ausgeglichen werden: von Autofahrern, die selbst oder über ihre Versicherung zahlen, und von den Sozialversicherungen, die für die Folgekosten von Verkehrstoten und –verletzten aufkommen müssen.

Regulation und Problemlösung finden hier durch die Jagd nicht statt.

Nutria
Eine wenig bekannte, bei uns eigentlich nicht heimische Tierart; sie stammt eigentlich aus Südamerika. Bei uns wurden Nutria in Pelztierfarmen gehalten, nach dem Zusammenbruch des Pelztiermarktes kam so manches Tier in Freiheit. Dort geht es ihnen lokal inzwischen prächtig, und sie sind kräftig dabei, sich auszubreiten.

Nutria graben zwar weniger als Biber in den Ufern, für die Standsicherheit eines Hochwasserdammes ist es aber letztlich unerheblich, ob eine Röhre von einem Biber oder einem Nutria stammt. Fachleuten vom Deutschen Verband für Wasser- und Kulturbau ist dies bekannt, es wurden technische Maßnahmen zum Schutz der Dämme und Deiche entwickelt.

Interessant ist die Situation in Niederbayern, im Bereich der Isarmündung. Dort sind Nutria inzwischen wesentlich häufiger als Biber und gefährden Dämme und Deiche, obwohl sie in Bayern dem Jagdrecht unterliegen und der Bestand von Jägern „reguliert“ werden könnte - wenn die es denn könnten.

Interessanterweise taucht der Nutria aber in der politischen Diskussion vor Ort nicht auf. Es ist immer nur der Biber, der die „Schäden“ verursacht. Fachliche Gründe kann das nicht haben, aber es macht sich wohl nicht ganz so gut, wenn bekannt wird, dass nicht nur Biber, sondern auch die dem Jäger unterstellten Nutria Hochwasserdämme gefährden.

Regulation und Problemlösung beim Nutria durch Jagd: Fehlanzeige

Die Liste ließe sich beliebig erweitern. Füchse haben sich nach erfolgreicher Tollwutbekämpfung im Bestand verdrei- bis verviefacht (Regulation durch Jäger: Null),  ...

 

Fazit: Es spricht also nichts für die Einführung einer Jagdzeit auf Biber, die Probleme bereiten. Für die gibt es im Rahmen des Bibermanagements bereits eine ganze Palette von Möglichkeiten, die als ultima ratio sogar das Entfernen von Bibern aus einem Lebensraum mit einschließen.

Dies geschieht mit Lebendfallen, deren Einsatz sicherlich effektiver und weniger zeitaufwendig ist als die Bejagung. Fallen können auch in besiedelten Bereichen gestellt werden, Fallen brauchen nur Kontrollen und keine stundenlange Ansitze, Fehlfänge können wieder freigelassen werden, und es können ganze Familien abgefangen werden.

Die gefangenen Biber werden, soweit Nachfragen bestehen, für Wiedereinbürgerungsprojekte im Ausland zur Verfügung gestellt. Wenn dies nicht möglich ist nach dem Fang in der Falle getötet und können für den Privatgebrauch verwertet werden; ein Vorgehen, das von den Naturschutzbehörden  und Verbänden mit getragen wird.

Auch wenn beim Wildtiermanagement zum Teil Tiere aus der Population entnommen, getötet und verwertet werden, gibt es eine entschiedenden Unterschied zur herkömmlichen Freizeitjagd. Während bei der Jagd pauschal Tiere getötet werden, unabhängig, ob sie Probleme machen oder nicht, greift das Wildtiermanagement zur Lösung von Konflikten gezielt auf die problematischen Biber zu - alle anderen dürfen ihre Lebensräume zum Vorteil von Artenvielfalt und Menschen gestalten.  Bei der Jagd werden zwar zahlreiche Tiere geschossen, Probleme gelöst werden dadurch aber nicht. Siehe Kormoran, wo die Jagdzeiten immer länger und die nicht bejagbaren Gebiete immer weniger werden - und die Fischer trotzdem alle Jahre wieder, zu Recht oder Unrecht die enormen Fischverluste durch Kormoran beklagen.

Wenn von 400 Bibern in einem Landkreis 30 Tiere in Kläranlagen, Siedlungen oder Entwässerungsgräben anderes nicht lösbare Probleme machen, werden im Wildtiermanagement diese 30 Tiere gezielt entnommen. Bei Einführung einer Jagdzeit würden wohl 100 Biber geschossen. Wohl kaum aber die in den Kläranlagen oder in den Siedlungen, so dass bei Jagd - trotz 100 toter Biber - kein Problem gelöst ist.

Fangen, Töten und Verwerten von Tieren - das ist eigentlich Aufgabenfeld der klassischen Jagd. Und dies ist offenbar manchen hochrangigen Jagdfunktionären ein Dorn im Auge, waren sie doch bisher die einzigen, die Wildtiere töten und verwerten durften. Dass im Rahmen eines wildbiologischen Managements hier mit einer Tierart Dinge erfolgen, die eigentlich nur Jäger dürfen, rüttelt am jagdpolitischen und ideologischen Grundverständnis und ist mit einer der Gründe, warum in letzter Zeit auch von manchen Jagdfunktionären zur verbalen Hatz auf den Biber geblasen wird.

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